Niemals antworten.
„Wissen Sie, warum wir Sie angehalten haben?“ Verkehrssünder kennen die Frage. Polizeibeamte stellen sie gern, wenn sie Autofahrer nach einer Geschwindigkeitskontrolle stoppen oder sonst einen Verstoß gegen die Verkehrsregeln gesehen haben. Die einzig richtige Antwort lautet: Nein. Auch wenn der Missetäter sehr wohl weiß, was der Polizeibeamte ihm ankreidet.
Zwei Beispiele: „Ich wollte nur eben noch parken“, sagt der Fahrer eines alten Autos ohne grüne Plakette in der Umweltzone. Ein Radler fuhr gerade bei Rot über die Kreuzung und erklärt: „Da kam ja niemand.“ Der Polizist weiß nun sofort: Der Verdächtige war genau im Bild. Von Rechts wegen heißt das: Er handelte vorsätzlich. Die Folge: Geldbußen ab 35 Euro verdoppeln sich. Die Fahrt in die Umweltzone kostet dann 80 Euro und die Missachtung der Ampel 500 Euro, wenn schon länger als eine Sekunde Rot zu sehen war.
Seit Überwindung der mittelalterlichen Strafverfolgung mit Daumenschraube und Streckbank garantiert jeder Rechtsstaat: Sanktionen setzt es nur, wenn die Schuld des Verdächtigen in einem fairen Verfahren unter Einhaltung aller Regeln festgestellt wird. Die Grundregel heißt: Niemand muss sich selbst belasten. So kennen wir es aus amerikanischen Krimis: „Sie haben das Recht zu schweigen“, erklären die Cops bei einer Festnahme immer. Auch für deutsche Polizisten gilt: Sie müssen Verdächtigen vor einer Vernehmung sagen, dass es ihnen frei steht, sich zu äußern. Das gilt nicht nur bei Verdacht auf Straftaten, sondern auch bei Ordnungswidrigkeiten. Aussagen vor der Belehrung dürfen Behörden und Gerichte nicht verwerten. Aber: „Richter davon zu überzeugen, dass eine Belehrung fehlte, ist oft schwierig“, erklärt Rechtsanwältin Daniela Mielchenweisengnabe, Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein.
Die Grundregel für jeden Ärger mit Polizei, Ordnungsamt oder gar Staatsanwaltschaft lautet daher: Sagen Sie jetzt nichts. Sie dürfen sogar lügen. Davon raten Strafverteidiger aber ab. Erfahrene Beamte brauchen meist nur wenige Nachfragen, bis Verdächtige sich in Widersprüche verstricken und dann bald überführt sind.
Auch Begleiter sollten ruhig bleiben, wenn die Polizei auf den Plan tritt. Wenn die Beifahrerin beim Radarfallen-Stopp für die Beamten hörbar sagt: „Ich hab‘ Dir doch gesagt: Fahr nicht so schnell“, steht fest: Da ist die doppelte Buße fällig. Wer nicht selbst verdächtig ist, kann als Zeuge vernommen werden. Zur Aussage verpflichtet ist er jedoch nur gegenüber Staatsanwälten und Gerichten. Niemand muss auf eine Vorladung der Polizei hin ins Revier kommen. Angehörige, Partner und Verlobte haben auch gegenüber Richtern und Staatsanwälten ein Zeugnisverweigerungsrecht.
Häufiger als der persönliche Stopp durch die Polizei schnappt die automatische Radarfalle zu. Die Bußgeldstelle hält sich zunächst an den Halter des Wagens. Ist das ein Mann, auf dem Foto aber eine Frau zu sehen oder umgekehrt, schickt sie einen Anhörungsbogen. Die Behörde will wissen, wer gefahren ist. Oft suggerieren die Schreiben: Der Adressat muss antworten. Doch das stimmt nicht. Pflicht sind nur Angaben zur Person und die sind übers Nummernschild bereits ermittelt. Auch wenn die Behörde eine Person fälschlich unter Verdacht hat, muss sie den Anhörungsbogen nicht ausfüllen und womöglich Freunde oder Verwandte belasten.